WEILBURG
an der LAHN: Motorradträume
im Lahntal
Endlich Wochenende! Und schönster Sonnenschein
dazu, doch bis zum Urlaub ist´s noch lang. Wie wär´s denn ´mal mit
einem Mittelgebirgsritt, fast vor der Haustür!? Dieses Mal präsentieren
wir das hessische Weilburg im Lahntal mit Tipps zur Umgebung, nur
knapp
eineinhalb Autobahnstunden vom Rhein-Main- oder Rhein-Ruhr-Gebiet
entfernt, mitten
im Ferienland Westerwald-Lahn-Taunus.
Nach der Kurvenhatz
durch das Weiltal kommt eine Abwechslung ganz gelegen. Doch
zuvor gilt es, den Integralhelm gegen eine grellgelb leuchtende
Bergmanns-Variante auszutauschen. Einige Versuche und Lachsalven der
Mitfahrer sind schon
notwendig, bis eine passende "Kunstoff-Mütze" aus der Kiste gezaubert
wurde. Nach Durchschreiten der Eingangstür weht ein kräftiger Luftzug,
es wird merklich kühler. Eine auf den ersten Blick endlos lange
Treppe verschwindet in einem schräg hinabführenden Bergstollen.
Nach einigen Minuten Abstieg reift die düstere Erkenntnis, daß uns
der Rückweg in der Kombi nicht nur Schweiß, sondern auch einiges
an Kondition abverlangen wird. Doch was ein rüstiger Besucher im
betagten Alter vormacht, darf uns Biker ja nicht schrecken! Dafür
können wir uns dann trotz Muskelkater rühmen, eine in Deutschland
einzigartige Kristall-Schauhöhle erkundet zu haben. Und 455 Treppenstufen,
einmal runter und wieder hinauf...
Die Höhle vor
den Toren des zu Weilburg
gehörenden Dorf Kubach wurde erst 1974 durch Forschungsbohrungen
nach einer bis heute verborgenen, aber aus früheren Erzählungen
bekannten Tropfsteinhöhle entdeckt. Die gefundene Kristallhöhle
ist die größte dieser Art und mit über 30 m Raumhöhe die höchste
aller deutschen Schauhöhlen. 45 Minuten dauert eine geführte
Erkundung durch die Glitzerwelt der Kristalle. Im künstlichen Licht
erzeugen tausende Calcite und Perltropfsteine an der Wand
ein geheimnisvolles Leuchten.
Weilburg ist eine ungewöhnliche
Stadt: Der durch zahlreiche Bauten aus dem Barockzeitalter überprägte
Ortskern thront wie eine befestigte Burganlage auf einer Felsnase,
fast vollständig von einer Fluss-Schleife der Lahn umgeben. Beim Durchfahren
der Stadt kann man diese Position nur erahnen, erst eine Luftaufnahme zeigt
die Dimension des fast dreieckigen Felssporns. Beim Ausbau der Lahn zur Schifffahrtsstraße
für den Erzbergbau kamen kühne Konstrukteure
im 19. Jahrhundert auf die Idee, einfach einen Tunnel durch diesen Fels
zu treiben, um die Fluss-Schleife
mit ihren kritischen Stromschnellen an der schmalsten Stelle abzukürzen: 1847
entstand hier Deutschlands einziger Schiffstunnel, am Ausgang sogar mit integrierter
Doppelschleuse. Nachdem
der Bergbau in der Region wie überall in Mitteleuropa kaum noch
eine Rolle spielte, wurde die für die Schifffahrt ausgebaute Lahn zunehmend von Freizeitkapitänen
erobert.
Heute ist die nasse und uferlose Tunnelröhre durch den Bergsporn zusammen mit
der flussabwärts positionierten Schleuse im Sommerhalbjahr
und besonders an Wochenenden ein Publikumsmagnet der Skipper, Paddler, Kanuten
und der schaulustigen Touristen.
Im Ortskern bietet der quadratisch
angelegte Marktplatz
mit seinen Straßenlokalen eine willkommene Verschnaufspause unter
der Kulisse historischer Gebäude: Weilburg war ehemalige Residenz
der Grafen und dann Stammsitz der Fürsten von Nassau-Weilburg. Das
große, im 16. Jhdt. begonnene Renaissanceschloß wurde im 18. Jhdt.
barock erweitert. Die barocke Gartenanlage sind heute frei zugänglich, das Schloss
kann im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Dazu müssen allerdings Motorradstiefel
mit Hauspuschen überzogen werden, um die glänzenden Holzböden zu
schonen. Ein Rundgang durch das Schloss überflutet das kurvenermüdete
Großhirn mit neuen Reizen: Die "barockformatige" Badewanne aus Lahnmarmor
bleibt sicher gut in Erinnerung. Interessante Neuigkeiten wecken
manchen Geschichtsmuffel: Die Nachfahren des Nassauer
Herrschergeschlechtes sind heute die Hausherren im Fürstentum Luxemburg!
Motorradwanderer
sind in Weilburg gern gesehen, und das nicht nur als Übernachtungsgäste:
Die klugen Städter haben längst erkannt, dass nach Bus-, Kanu- und
Fahrradreisende auch wir Biker ein touristisches
Potential darstellen und unliebsame Krachmacher eher Ausnahmen bleiben:
Kein Schilderwald mit „Motorradfahren verboten“ ziert die engen
Gassen um und in der Altstadt, sondern Parkschilder für eigens ausgewiesene
Motorradparkplätze. Auf dem Marktplatz, der einige Straßencafés
bietet, sind an Sonn- und Feiertagen allerdings Motorfahrzeuge aller
Art von der Durchfahrt verbannt. Aber als kleines Bonbon für Gruppen,
z. B. bei geführten Touren, bietet die Stadt nach Voranmeldung eine
Sondergenehmigung zur Durchfahrt. „Wir wissen nur zu gut“, erklärte
der Geschäftsführer der Fremdenverkehrs-Marketing GmbH Knut Rehn
im Gespräch mit der Redaktion, „dass Biker ihr nicht selten wertvolles
Gefährt im Auge behalten möchten und deshalb haben wir diese Möglichkeit
geschaffen."
Leider ist das Bonbon nur Motorrad-Reisegruppen vorbehalten,
sonst wird der dazu von der Stadt betriebene Aufwand verständlicherweise
zu groß. Und Gruppen machen von der Pause
auf dem Marktplatz im Flair der historischen, barocken Gebäude fleißig
Gebrauch. Ideal ist der anschließende Bummel durch die nur wenigen
Meter entfernten Anlagen des Schlossgartens. Von der Abschlußmauer
kann man einen Blick auf das häufig farbenfrohe Bootstreiben tief
unten auf der Lahn werfen.
Kurioses
unter der Stadt
Bei
Weilburg verläuft die Lahn in einer riesigen 180-Grad-Schleife,
früher ein beträchtlicher Umweg für die Schifffahrt, der zudem noch
durch zwei Wehre erschwert wurde. Also gebot Herzog Adolph von Nassau
vor 150 Jahren nach Empfehlung seiner Ingenieure den Bau des 195 m langen Tunnels durch
den Weilburger Schlossberg und verkürzte damit den Weg zum Rhein
um einige hundert Meter. Mit einer Breite von 5,60 m und einer
Höhe von 6,30 m war diese Röhre auch für damals "große"
Schiffe geeignet. Heute verkehren nur noch die Ausflugsboote der Freizeitkapitäne
auf die Lahn und durch den Tunnel. Auch Biker können ihr Gefährt einmal kurz
wechseln: Im
Sommer sind Paddelboote am flussaufwärts gelegenen Tunneleingang angemietbar,
was sich aber an schönen Wochenenden schon einmal zur Geduldsprobe entwickelt.
Das technische Baudenkmal ist über den Wasserweg beidseitig
frei zugänglich, Besichtigungsmöglichkeiten
gibt es von den Straßen, die an Tunnelzugängen vorbeiführen (am
Weilburger Triumpfbogen
links oder rechts abbiegen).
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INFOS zum Ort
und zur Umgebung
Tourist-Info
Weilburg Mauerstraße 6/8, 35781 Weilburg 06471 /31467 und 7675, 06471/ 7675;
eM@il,
SEHENSWERTES
in Weilburg:
Schloss mit Renaissancehof,
Schlosskirche, Schlossgarten und Orangerie, Besichtigung von 35 Schlossräumen
(nur mit Führung), im Sommerhalbjahr Di-So von 10-16 h. Kurioses: Barockküche,
Marmorbadewanne, China-Kabinett, u.a. 06471/ 2236
Bergbau- und Stadtmuseum
(mit nachgebauter Schaustollenanlage "Tiefer Stollen" über 200
m Länge), geöffnet im Sommerhalbj. Di-So, von 10-12 u.14-17 h (sonst
nur Mo-Fr geöffnet,
24.12.-17.1.). 06471/ 31459
Kubacher Kristallhöhle,
geöffnet von 1.4.-31.10. Sa, So und an Feiertagen
von 10-17 h, werktags von 14-16 h, Höhlenhaus mit Aufenthaltsraum,
Kiosk und Restaurant-Café vorhanden, Wirt ist Motorradfan, großer
Parkplatz direkt am Haus (wenige 100 Meter unterhalb von Kubach,
Ortsausgang Rtg. Weiltal verlassen, Höhle ist gut ausgeschildert). 06471/ 94000,
Jährliche Veranstaltungen
im
Juni und Juli: Weinfest, Ballonfest,
Weilburger Schlosskonzerte
in festlicher Kulisse im Oktober: Residenzmarkt Highlights
der Umgebung:
Solms-Oberwiel:
Besucherbergwerk "Grube Fortuna" mit Grubeneinfahrt in 150 m Tiefe,
geöffnet von März-Nov, Di-Fr 9-16 h, letzte Führung 15 h, Sa/So letzte
Führung 16 h. 06443/ 8246-0,
Braunfels:
Historische Fachwerk-Innenstadt, große märchenhafte Schloßanlage mit weitläufigen,
in 800 Jahren gewachsenem Bautensystem und weithin sichtbarer
Silhouette, ganzjährig geöffnet, Führungen im Sommerhalbjahr von 8-17 h, Tourist-Info
06442/ 5002, ,
Schloss .
Runkel a.d. Lahn: Historischer
Ortskern mit alter Lahnbrücke unter einer trutzigen, frühmittelalterlicher
Burgruine. Gegenburg Schadek auf gegenüberligendem Ufer. Im Sommer
kann man dem Boots- und Paddelbetrieb auf der Lahn zusehen. Burgverw.:
06482/ 4222, .
Limburg a.d. Lahn: Siebentürmiger
mittelalterlicher Dom (bei dem einen oder anderen noch bekannt vom alten 1000 DM-Schein), gut
restaurierte, malerische Fachwerkaltstadt mit vielen Baudenkmälern.
Tourist-Info 06431/ 203222, .
Westerwald:
Weiträumige, sanfte Höhen, zahlreiche Seen, z.B. "Westerwälder Seenplatte",
viele schöne Campingplätze, Bade- und Wassersportmöglichkeiten.
Fuchskaute: Höchster Berg (657 m)
im Westerwald (bei Willingen
gelegen, NE von Rennerod), anfahrbare Gaststätte, bei Bedarf mit
Übernachtungs- und Kegelmöglichkeit, etabliert sich zunehmend als
Motorradtreff.02667 368 02667/ 368,
Taunus:
schönes Tourengebiet mit vielen windungsreichen Fahrstraßen und
Tälern (z.B. das Weiltal). Feldberg i.T.: Höchster
Berg (879 m) im Taunus mit tollen Aussichtsmöglichkeiten auf das Rhein-Main-Gebiet,
anfahrbarer, klassischer Motorradtreffpunkt mit Kioskbetrieben und
neuer Gaststätte.
Wetzlar a.d.Lahn: Malerische
Fachwerk-Altstadt mit Dom, Goethes Werther-Haus, Reichskammergerichtsmuseum, u.a. mehr.
Tourist-Info 06441/ 99338,
Burg Greifenstein:
35753 Greifenstein/Ww: Mächtige Höhenburg-Ruine inkl. Dt. Glockenmuseum
mit 40 von Besuchern anschlagbaren Glocken aus 9 Jahrhunderten 06449/ 6460,
,
Motorradfahrtipps:
Das
Lahntal ist ein idyllisches Flusstal mit vielen netten Städtchen,
allesamt mit liebevoll betriebenen Cafés und Biergärten oder gelegentlichen
"Wirtshäusern an der
Lahn" ausgestattet. Beinahe jeder Ort verfügt über einen Campingplatz
am Flussufer.
Beliebte Motorradfahrstrecken sind neben dem Lahntal die abgehenden
Seitentäler Weiltal (südlich von Weilburg)
und Gelbbachtal (südlich von Montabaur). Reizvolle Tagestouren
lassen sich schnell zusammenbauen, am besten
mit Abstechern auf die Hochflächen im
Westerwald oder Taunus, z.B. bis zum Feldberggipfel oder bis zum romantischen Mittelrheintal
mit seinen viele Burgen und Winzerdörfern.
Tourenvorschläge: Rheinische Reben
und Nassauer Burgen Im Land der Wäller
Literatur
& Karten:
Marco Polo
Generalkarte pocket, Blatt 13, Frankfurt a.M. - Fulda - Würzburg, 1:200.000, ISBN 3-8297-2012-2,
Ausgabe Januar 2003, MAIRS Geogr. Verlag, Ostfildern,
€ 4,95
Souvenirs: Hessische
Wurstwaren. Im Höhlenhaus der Kristallhöhle können diverse Mineralien erworben
werden, die allerdings weniger aus der Höhle, sondern eher "aus aller
Welt" stammen.
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